Die Wasser-Zocker von São Paulo

Es wird spannend in der Mega-Stadt São Paulo. Gemäß den den Daten des Institutes für Astronomie und Geophysik der Universität São Paulo (IAG-USP) erlebt die Stadt eine Periode mit den geringsten Niederschlägen seit 1969 und die schlechteste seit es das Talsperren-System von Cantareira gibt. Der Wasserversorger von São Paulo, die Sabesp, hatte bereits seit Mai 2013 Daten über die ausfallenden Niederschläge, aber gehandelt wurde nicht.

In seltener Hartnäckigkeit leugnen die politischen Verantwortlichen im Bundesstaat und in der Stadt, dass es einen Wassernotstand gibt. Sie sahen bisher keinen Anlass für Wasserrationierung. Zumindest behaupten sie, dass die Wasserversorgung weiterhin regulär erfolgt. Die Realität sieht wohl anders aus. Die Webseite “BrasilAtual” schreibt:

“Zwei kürzliche Forschungsarbeiten weisen daraufhin, dass die Bevölkerung eine nicht angekündigte Wasserrationierung erlebt. Das Institut Datafolha stellte im August fest, das bei 46% der Paulistanos eine Unterbrechung der Wasserversorgung innerhalb der letzten 30 Tage erfolgte. Am 2. September enthüllte das Meinungsforschungsinstitut Ibope, dass bei 38% der Paulistanos in den letzten 3 Monaten die Wasserversorgung eingeschränkt wurde. Bewohner und Händler der Viertel von Vila Maria Alta, Jardim Japão und Parque Novo Mundo (im Norden), Jardim Romano (Osten) und Jardim Previdência (Westen) berichten, dass die Wasserversorgung jede Nacht zwischen 19 und 20 Uhr “einschläft”. Erst ab 5 Uhr morgens würden die Wasserbehälter wieder gefüllt. Auf Beschwerden bekämen sie von Sabesp nur die Auskunft, dass es keine Störungen bei der Versorgung gäbe”.

Wenn die Menschen nach den Ursachen für das Problem gefragt würden, dann erklärten sie, dass es sich um die schlimmste Dürre seit 80 Jahren handle. Es würde nicht mehr soviel regnen wie früher. Dass das Klima sich ändert. Und welch ein Glück für die Regierenden: Die meisten Paulistanos üben sich in Fatalismus, ihren Politikern und der Wasserversorgungsgesellschaft geben die wenigsten die Schuld.

Trotzdem wird die Unruhe immer stärker. Um den Regierenden auf die Schliche zu kommen, haben Bürger eine Webseite mit dem Titel “faltou agua” (das Wasser ist ausgefallen) eingerichtet, auf der jetzt alle Wasserausfälle gesammelt und auf einer Karte festgehalten werden. Als Grund dafür nennen die Webseiten-Betreiber: “Es ist an der Zeit die Regierung haftbar zu machen! Wenn wir genügend Daten hätten, könnten wir unsere Behörden zur Verantwortung ziehen. Sagt uns, wenn das Wasser in eurem Viertel gefehlt hat”.

Der Hauptversorger São Paulo, das Cantareira-Talsperren-System, hatte am 12. September nur noch eine Kapazität von 9,5%. Dabei handelt es sich um das “tote” Volumen, das hochgepumpt werden muss. Alckmin, der Gouverneur des Bundesstaates, leugnet weiterhin die stillen Wasserkürzungen. Er ist der Meinung, dass man jetzt etwas improvisieren müsse. Er zockt darauf, dass es demnächst kräftig regnet. Wenn nicht, dann könnte sich die Stimmung im lammfrommen Volk, das sich zur Zeit noch mit Gottesdiensten, in denen die Heiligen um Regen angefleht werden, abspeisen lässt,  aber heftig drehen.

Siehe auch:
São Paulo droht Wassernotstand und die Politik zeigt sich furchtlos
Vogel-Strauß-Politik bei der Wasserversorgung in São Paulo

Informationsquelle
Para encarar racionamento de água que Alckmin nega, o jeito é improvisar

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