Ein Kommunist wird in Brasilien Gouverneur

Maranhão ist einer der ärmsten brasilianischen Bundesstaaten. Gelegen im hohen Nordosten Brasiliens machte er vor allem durch Justiz- und Gefängnisskandale von sich reden. Der Bundesstaat war bisher fest im Griff der reichen Familien Sarney und Lobão, die in dem Bundesstaat eine Medienmonopol besitzen. Ihr Kandidat aus der Lobão-Familie, Lobão Filho, landete abgeschlagen auf dem 2. Platz, während Flávio Dino von der PCdoB (Partido Comunista do Brasil, Kommunistische Partei Brasiliens) bereits im ersten Wahlgang mit über 63% der Stimmen zum Gouverneur gewählt wurde. Am 1. Januar wird er dieses Amt übernehmen.

Damit gewinnt zum ersten Mal ein Kandidat, der nicht die offizielle Unterstützung seines Vorgängers aus dem Löwenpalast, dem Regierungssitz des Gouverneurs von Maranhão in der Hauptstadt São Luís (Palácio dos Leões), hatte. Nur einmal, 2006, wurde die Macht der Sarney’s und Lobão in Frage gestellt als Jackson Lago von der PDT die Wahlen gewann, aber es der lokalen Mafia gelang über den obersten Wahlgerichtshof (TSE) eine Annullierung der Wahl und Einsetzung der Sarney-Tochter Roseana Sarney zu erreichen.

Flávio Dino hatte die stillschweigende Unterstützung der brasilianischen Staatspräsidenten Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei (PT) bei seiner Kandidatur. Dino begann 1980 politisch aktiv zu werden. Er war Rechtsanwalt der Gewerkschaft der Bankangestellten im Nachbarstaat Piaui. 1994 wurde er Bundesrichter, ein Amt, das er 12 Jahre inne hatte. 2006 schloss er sich der PCdoB, der kommunistischen Partei Brasiliens an und wurde für sie in das brasilianische Parlament gewählt.

Die Webseite “BrasilAtual” hat ihn gefragt, wie es sich denn anfühle als Kommunist, der von einer antikommunistischen Minderheit aufs heftigste und mit großem Lärm bekämpft werde, in ein hohes politisches Amt zu kommen. Seine Antwort lautete:
Das haben wir schon sehr deutlich während dieses Wahlkampfes erlebt, weil wir es mit 2 Urgesteinen der brasilianischen Rechten zu tun hatten, auf der einen Seite mit dem Senator José Sarney und auf der anderen Seite dem Minister Edison Lobão, die beide ihre Wurzeln in der Militärdiktatur haben. In dem Moment, in dem sie sich in ihrer Macht bedroht sahen, verzichteten sich auf den demokratischen Lack und machten gegen uns eine Kampagne, die in den schlimmsten Momenten an das Kommando zur Jagd auf die Kommunisten erinnerte. Es ist sehr herausfordernd seine Identität gegen die Mächtigen beizubehalten, während man im gleichen Moment versucht, politische Allianzen für ein Programm, das die Unterstützung der Mehrheit der Gesellschaft haben soll zu bekommen, aber ohne sein eigenes Profil oder seine Identität zu verstecken. Wir haben eine breite Allianz hinbekommen, vor allem im Hinblick darauf, dass der Sinn dieser Allianz eine Modernisierung der Politik und eine Veränderung der Lebensqualität des Volkes ist, was ich die Souveränität der Armen genannt habe.
Auf die Frage, wie denn ein Staat, der immer von denselben politischen Kräften regiert wurde, so zurückgeblieben im Bereich der menschlichen Entwicklung sein könne, antwortet Dino:
Die tiefe Ungleichheit sorgte dafür, dass einem Staat mit soviel natürlichem, kulturellem und wirtschaftlichen Potential es nicht gelungen ist, dem Volk eine vernünftige Lebensqualität zu bieten. Das ist die Herausforderung Nummer eins: Wie kann man eine Wende garantieren, die nicht nur eine Wende bei den Politikern ist, sondern eine Wende für das Volk, für die Lebensbedingungen. Für unser Parteienbündnis wurden 16 Abgeordnete in unser Landesparlament gewählt gegen 42 der gegnerischen Parteien. Wir werden eine parlamentarische Mehrheit suchen. Der wichtigste Punkt ist, die Hindernisse für öffentliche und private Investitionen, die ein Wachstum einhergehend mit einer sozialen Politik garantieren und zur Sicherung öffentlicher grundlegender Dienstleistungen beitragen sollen, zu beseitigen. Damit wollen wir die Stellung von Maranhão im IDH (Index der menschlichen Entwicklung), wo wir bisher immer unter den letzten drei der brasilianischen Bundesstaaten lagen,  verbessern.

Siehe auch:
Roseana Sarney entmachtet Jackson Lago und geht auf Krankenurlaub
Stadt gegen Land, eine blutige Bilanz in Brasilien
50 Gefangene suchen das Weite
Strafvollzug in Brasilien: Geisteskranker wird im Gefängnis vergessen

Informationsquelle
G1 - Flávio Dino, do PCdoB, é eleito governador do Maranhão - notícias em Eleições 2014 no Maranhão
Flávio Dino, na margem esquerda do rio da vida

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Betontürme von Barcelona: Auch Betonschrott macht anhänglich

In Treue fest zum Atom

Der Mindestlohn in Spanien durchbricht die 1.000 Euro-Grenze