Südamerikanischer Tigerstaat kämpft mit Durchfall

Brasilien ist der Tigerstaat Südamerikas. Nicht zuletzt dank der Ölfunde vor seiner Küste. Wenn es wirklich klappt mit der Ölförderung, dann kommt eine Menge Geld in die brasilianischen Staatskasten. Vielleicht könnte man dann ein Drittwelt-Problem angehen, das für die aufsteigende Wirtschaftsnation Brasilien äusserst peinlich ist.

Édison Carlos, der Präsident des Institutes "Trata Brasil", bescheibt in der Zeitung "O Estado de S.Paul" das Problem mit der Schlagzeile "Unsere alltägliche schweigende Umweltkatastrophe". Anstoss für diesen Titel ist eine Meldung aus Paraiba, einem Bundesstaat im Nordosten Brasiliens, aus dem berichtet wird, dass 17% der Haushalte von Paraiba keine Toilette haben, um ihre "Bedürfnisse erledigen" zu können. Ungefähr 180.000 Bewohner dieses Bundesstaates erledigen ihr "Geschäft" unter freiem Himmel. Edison Carlos meint, dass, obwohl dieses Situation grotesk sei, es die alltägliche Realität für 13 Millionen Brasilianer wäre.

Er fährt fort: "Wir erleben ein alltägliches, schweigendes Umweltdesaster. Weniger als 44 % der Bevölkerung ist an ein Abwassernetz angeschlossen und weniger als 30% der Abwässer aus der Kanalisation wird nach Angaben des Städtebauministeriums behandelt. Es sind Milliarden von Litern ungeklärter Abwasser, die jeden Tag in die Natur, unsere Flüsse, Seen, Buchten und das Meer abgelassen werden. Ein permanenter Herd für die Übertragung von Krankheiten. Erhebungen zeigen, dass 50% der Durchfallerkrankungen auf die unzureichende Klärung der Abwasser zurückzuführen sind. Das schlimmste ist, dass die Hauptopfer Kinder bis zu einem Alter von 5 Jahren sind. Im Jahr 2008 wurden 67.300 Kinder dieser Altersklasse wegen einer Durchfallerkrankung in das Krankenhaus eingeliefert. Das entspricht einem Anteil von 61% der Patienten mit diesen Erkrankungen."

Betroffen sind nicht nur die Armen. Im Januar gab es in der Strandregion von São Paulo 8.700 Fälle von Durchfallerkrankungen. Das Abwassernetz war wegen starker Regenfälle überschwemmt worden und das verschmutzte Wasser brachte über den Strand allen Teilen der Bevölkerung die Umweltverschmutzung in Form von Infektionen zurück.

Im Human Development Index (HDI) der Vereinten Nationen belegt Brasilien nur den 73. Platz unter 169 Ländern. Im HDI aufsteigen kann man nur, wenn ein Land Fortschritte im Bereich Gesundheit, Erziehung und Einkommen erzielt. Eine unzureichende Abwasserklärung beeinflusst diese 3 Faktoren und Edison Carlos ist der Ansicht, dass Brasilien deswegen noch weit davon entfernt ist, in die Spitzenklasse des HDI zu kommen. Und er weist noch einmal auf den Ernst der Lage hin: "Das ungeklärte Verbringen der Abwasser in die Natur ist ein Attentat gegen den Bürger, das 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr passiert. Die Abwasser stellen heute die größte Wasserverschmutzung für die Gewässer des Landes dar, vor allem in den großen Stadtregionen. Wir sind nicht in der Lage von "nachhaltigen" Städten zu sprechen, solange unser Wasser Opfer einer fehlenden Abwasserklärung ist. Der Zustand spiegelt den Zustand der politischen Prioritäten wieder, die  die Regierung in den letzten Jahrzehnten hatte."

Und Edison Carlos endet mit dem Aufruf: "Es hängt von uns ab, dass wir energisch eine Lösung für diese Situation fordern. Ich mache hiermit auch einen Aufruf an alle Umweltorganisationen und die Verantwortlichen für die Gesundheit in ganz Brasilien, damit sie dringend diese nationale Tragödie auf die Tagesordnung bringen. Unabhängig von den Themen,  die unsere Zukunft betreffen, vergiften uns die Abwässer heute, heute verschmutzen sie unser Wasser und machen unsere Kinder krank."

Siehe auch:
Brasilien Schlusslicht beim Leben im Dreck

Informationsquelle:
Nossa tragédia ambiental silenciosa de todos os dias - opiniao - Estadao.com.br

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